Virchow 2.0

Innovationscluster für zellbasierte Medizin in Berlin-Brandenburg

Mit Virchow 2.0 will sich die Hauptstadtregion als international führender Pionier in der Präzisionsmedizin positionieren: Im Fokus steht eine schnelle Überführung experimenteller biomedizinischer und Künstlicher Intelligenz (KI)-Entwicklungen in innovative Produkte und Leistungen für die Gesundheitsbranche.

Miniaturisierter Chip mit mehreren Schläuchen unter einem Mikroskop
Isolierung einzelner Zellen aus Geweben und Übertragung zur Analyse in miniaturisierte Chips, © Felix Petermann, MDC

Warum „Zukunftscluster-Finalist“?

In der 2. Wettbewerbsrunde wurden im Februar 2021 aus 117 eingereichten Skizzen 15 Zukunftscluster-Finalisten ausgewählt, die in einer sechsmonatigen Konzeptionsphase ihre Clusterstrategie entwickeln sollen. Im Juli 2022 wählte eine unabhängige Jury schließlich jene Zukunftscluster auswählen, die ihre Strategien in der ersten dreijährigen Umsetzungsphase verwirklichen können. Information hinsichtlich der 9 verbliebenen Finalisten dieser vorherigen Konzeptionsphase der zweiten Runde finden Sie hier. 

Hintergrundinformationen zu Virchow 2.0

Mit den folgenden Texten stellt sich der Zukunftscluster-Finalist persönlich vor.

Wenn es darum geht, nachhaltige Fortschritte bei der Behandlung von Volkskrankheiten – z. B. Krebs oder Demenz – zu erzielen, gewinnt die personalisierte Medizin zunehmend an Bedeutung. Dabei stellt die zellbasierte Medizin, und hier speziell die Einzelzelltechnologie, ein neues und vielversprechendes Konzept dar. Die relativ jungen Technologien müssen zunächst erschlossen und in die bestehenden Strukturen integriert werden, damit sie wirksam genutzt werden können. Dies hat sich Virchow 2.0 zum Ziel gesetzt. Im Zentrum des Zukunftscluster-Finalisten Virchow 2.0 stehen fast marktreife Entwicklungen in einem neuartigen biomedizinischen KI-Ökosystem, das auf innovativen Einzelzell-Schlüsseltechnologien aufbaut und hierfür KI umfassend nutzt. In der Kombination erzielen diese Innovationen bahnbrechende neue Erkenntnisse darüber, wie und warum Zellen erkranken. Die gewonnenen Daten beschreiben digitalisiert, wie Zellen unser menschliches Genom lesen und interpretieren. Dies liefert eine vollkommen neue Basis dafür, die Spezifität und Sensitivität der aktuellen medizinischen Diagnostik in zahlreichen Anwendungsfeldern auf ein bislang unbekanntes Niveau zu bringen. Dadurch wird der Entdeckungs- und Entwicklungsprozess neuer „Drug Targets“, also medikamentöser Behandlungen, neu definiert und sogar revolutioniert.

Virchow 2.0 bringt dafür eine deutschlandweit einzigartige Konstellation regionaler Akteure mit, die in komplementären Technologie-, Datenwissenschafts- und Medizinfeldern weltweit führend sind. Die Partner aus Systembiologie, Medizin, Biotechnologie, Mathematik, Physik und Informatik/KI wollen gemeinsam mit lokalen und überregionalen Industriepartnern die weltweit besten Instrumente und Methoden der Einzelzellanalyse für die Diagnostik und Wirkstoffentwicklung von Morgen entwickeln und so echte Fortschritte bei der Behandlung der Volkskrankheiten erzielen. Das senkt einerseits die Kosten der Medikamentenentwicklung für das Gesundheitssystem und ermöglicht andererseits die breite Anwendung der zellbasierten Medizin mit hohem Wertschöpfungspotenzial.

Die grundlegende Säule von Virchow 2.0 bilden die von Berliner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern neu entwickelten KI-gestützten Methoden der Einzelzellanalyse auf molekularer („Omics“) Ebene und in der medizinischen Bildgebung/digitalen Pathologie. Unterstützt wird dieses junge, vielversprechende Forschungsfeld durch in der Region eigenentwickelte, patientenabgeleitete Krankheitsmodelle (Organoide, 3D-Human-on-Chip-Modelle usw.). Diese werden an verschiedenen Stellen der Wertschöpfungskette validiert, effizient genutzt und weiterentwickelt.

Mit der modernen molekularen Einzelzellanalytik wurden in Berlin nicht nur die dafür benötigten neuen Schlüsseltechnologien entwickelt. Es ist zudem ein gänzlich neues Forschungsgebiet entstanden, das erstmalig ein umfassendes Verständnis komplexer biologischer Vorgänge in einer Zelle erlaubt. Einzelzellanalysen wurden bereits 2018 von der renommierten Fachzeitschrift Science als Durchbruch des Jahres mit zentraler Bedeutung für die Lebenswissenschaften, Biotechnologie, Medizin und Pharmaforschung bewertet. Hierbei wurden wegweisende Publikationen Berliner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zitiert. Daten aus Einzelzellanalysen und hochauflösenden bildgebenden Verfahren sind extrem komplex und mehrere Giga- bis Terabyte groß. Neue Berliner Ansätze in KI und maschinellem Lernen (z. B. aufbauend auf international ausgezeichneten Ergebnissen zur theoretischen und praktischen Basis erklärbarer KI-Methoden und zu Systemen für die skalierbare Verarbeitung großer Datenmengen) haben das Potenzial, herkömmliche Methoden zu revolutionieren und umfassendere, schnellere Lösungen zu ermöglichen.

Die Kernkompetenzen der vier initialen Partner sind hochgradig synergistisch: das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin bringt Spitzeninnovationen in Einzelzelltechnologien ein; das Berlin Institute of Health verfügt über Kompetenz im effizienten biomedizinischen Technologietransfer; die Charité steht für eine breite medizinische Expertise und schnelle klinische Transfermöglichkeiten; das ZUSE-Institut Berlin und das BIFOLD (Berlin Institute for the Foundations of Learning and Data) bringt die benötigte Exzellenz in innovativen KI-Anwendungen ein. In der Konzeptionsphase wurden nachhaltige Strukturen aufgebaut und weitere Akteure identifiziert, eingebunden und miteinander vernetzt, die zur Entwicklung und Umsetzung der Clusterstrategie beitrugen.
Das Gesamtziel war somit, in der Hauptstadtregion auf der Basis regionaler, international sichtbarer und vernetzter Forschungskompetenzen mit kooperierenden Firmen ein positives Ausgründungsklima, aber auch eine wirksame Unterstützungsplattform für etablierte Industriepartner und Start-ups in einem neuen BioIT-Ökosystem zu schaffen und dadurch nachhaltige Lösungen für eine gute Gesundheitsversorgung beizutragen.

Auf einen Blick
  • Projektlaufzeit: 01.10.2021 bis 31.03.2022
  • Zuwendung: 249.084,49 €
  • Zuwendungsempfänger: Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC), Charité Universitätsmedizin Berlin (Charité), Berlin Institute of Health (BIH), Berlin Institute for the Foundations of Learning and Data (BIFOLD) vertreten durch Zuse-Institut Berlin (ZIB)
  • Weitere Partner, welche die Arbeiten der Konzeptionsphase unterstützen: Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, Einstein Center Digital Future, Fraunhofer IZI-BB, Humboldt-Universität zu Berlin, Stiftung Charité, Technische Universität Berlin

Die Weiterentwicklung intelligenter, personalisierter Ansätze in der Medizin ist ein wesentliches Element zur Lösung großer gesellschaftlicher Herausforderungen im Thema „Gesundheit und Pflege“ der Hightech-Strategie 2025. Dafür spielen die vorgeschlagenen neuen einzelzellbasierten Diagnostik- und Therapiekonzepte eine wesentliche Rolle. Der Zukunftscluster-Finalist Virchow 2.0 will das neue Prinzip der zellbasierten Medizin mit Fokus Einzelzellanalytik für ein breites Indikationsspektrum vor allem in den Volkskrankheiten (Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Infektionen, Demenz, entzündliche Erkrankungen) zugänglich machen. Damit verfolgt Virchow 2.0 mehrere wesentliche Ziele der Hightech Strategie 2025: „Medizinische Fortschritte schneller zum Patienten bringen“; „Krankheiten vorbeugen und heilen“ und „Digitalisierung für eine personalisierte Medizin“.