ETOS

Elektroorganische Synthese — Von der Forschung in die Industrie

ETOS wird ein interdisziplinäres Innovationsnetzwerk zwischen Forschung und Industrie für die Elektrifizierung technisch relevanter Synthesen zur Herstellung von Grund- und Feinchemikalien (Power-to-Chemicals) etablieren. Ziel ist es, die Nachhaltigkeit in der chemischen Industrie zu verbessern.

Eine Forscherin arbeitet an einer Flusselektrolysezelle zur elektroorganischen Synthese.

Elektrosynthese im Labormaßstab an der JGU, © AK Waldvogel, Department Chemie, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Hintergrundinformationen zum Zukunftscluster ETOS

Mit den folgenden Texten stellt sich der Zukunftscluster ETOS persönlich vor.

Die Elektrosynthese komplexer organischer Chemikalien ist bisher eine Nischentechnologie. Durch die voranschreitende Energie- und Rohstoffwende, die durch den Klimawandel notwendige Defossilierung/Defossilisierung (Abbau fossiler Energieträger wie Kohle) und der erweiterten Nutzung erneuerbarer Energien wird die elektroorganische Synthese zu einer Schlüsseltechnologie für die chemisch-pharmazeutische Industrie. Jedoch mangelt es der Industrie an Expertise und Know-how zur Implementierung dieser Technologie. ETOS hat die Vision, die erste große Technologieplattform zu sein, die sich mit dem Transfer elektrochemischer Synthesen vom Labor- in den industriellen Maßstab beschäftigt. Lösungsvorschläge für nachhaltige, robuste und zukunftsfähige Prozesse sollen generiert werden. Das Ziel ist die Ermöglichung und Beschleunigung der Umstellung klassischer Produktionsverfahren hin zu einer modernen und zukunftsfähigen Industrie. Das Netzwerk soll den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken im Hinblick auf Energie- und Ressourceneffizienz, Rohstoffsouveränität, Defossilierung chemischer Prozesse bis hin zur CO2-Neutralität in einer Kreislaufwirtschaft.

Für das Erreichen dieser Vision bedarf es insbesondere der Expertisen in den Bereichen elektroorganische Synthese, Künstliche Intelligenz (KI)-basierte statistische Versuchsplanung, (virtuelles) Design leistungsfähiger Elektroden und Elektrolysezellen sowie Konzepte und Prozessverständnis zur Hochskalierung in den industriellen Maßstab. Der Zukunftscluster ETOS möchte erstmalig ein gemeinsames Netzwerk zwischen der organischen Synthese bis hin zur (elektro-)chemischen Verfahrens- und Reaktionstechnik etablieren, um technologische Durchbrüche zu erzielen. So kann die gesamte Bandbreite der multidisziplinären und grundlegenden Forschung zusammengeführt werden. Dafür wird das Netzwerk die universitäre Forschung mit der Großindustrie sowie mit kleinen und mittleren Unternehmen zum Technologietransfer miteinander verbinden.

Das Konzept von ETOS basiert auf der exzellenten Grundlagen- und anwendungsorientierten Forschung der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) Mainz und des Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Das Department Chemie der JGU Mainz deckt mit den Themenbereichen „Elektroorganische Synthese”, „Naturstoff- und Wirkstoffsynthese” und „Analytische Chemie” zentrale Methoden für die Entwicklung elektroorganischer Transformationen ab. Das elektrosynthetische Screening unter Nutzung von modernen Algorithmen für die Identifizierung und Optimierung ist ein Mainzer Aushängeschild und stellt das Rückgrat der umfangreichen Forschungstätigkeiten dar. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Flusselektrolyseur-Entwicklung mit kleinen Elektrodenabständen (Narrow-Gap-Ansatz) bis hin in den semitechnischen Kilogramm-Maßstab.

Das KIT bringt die ingenieurwissenschaftliche und verfahrenstechnische Expertise ins Konsortium ein. Zu den Kernkompetenzen zählen modell-gestützte Analyse und Optimierung von Elektroden und Zellen über strukturierte Reaktoren, der Betrieb in Power-to-X-Infrastrukturen, Katalysatorsynthese, Prozessdesign, -hochskalierung, und -bewertung sowie Großanlagenbetrieb. KI-Experten mit ihrer Datenbankentwicklung zum Molekülscreening in der organischen Synthese werden ebenfalls eingebunden. Die Akteure am KIT stehen für quantitative Analyse, Optimierung und Simulation nachhaltiger (elektro-)chemischer Prozesse auf allen Ebenen, von der Oberfläche bis zu großskaligen Elektrolyseuren.

In der Konzeptionsphase wurden die JGU Mainz und das KIT gefördert, um gemeinsam die Cluster-Strategie für ETOS zu entwickeln. Zusammen mit weiteren akademischen Akteuren von der TU Darmstadt, der TU Kaiserslautern und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wurden gezielt regionale industrielle Akteure angesprochen und Projekte für die erste Umsetzungsphase entwickelt, die zur Vision der Elektrifizierung technischer organischer Synthesen in der regionalen Industrie beitrugen.

Die ETOS-Partner in der regionalen Wirtschaft umfassten sowohl die Großindustrie als auch kleine und mittlere Unternehmen. Erfahrungen aus den Workshops zur Schulung in der elektroorganischen Synthese wurden genutzt, um die zentralen Themen der angestrebten Wertschöpfungskette von ETOS – von der Chemie bis zu den Ingenieurswissenschaften – in Weiterbildungsmaßnahmen effizient zu vermitteln. Weiterhin dienten die Workshops zum Networking.

Auf einen Blick
  • Projektlaufzeit: 01.10.2021 bis 31.03.2022
  • Zuwendung des Verbundes: 158.802,62 € (für JGU und KIT inklusive Projektpauschale)
  • Zuwendungsempfänger:  Johannes Gutenberg-Universität Mainz und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
  • Weitere Partner, die die Arbeiten der Konzeptionsphase unterstützen: TU Darmstadt, TU Kaiserslautern, Max-Planck-Institut für Polymerforschung, Max-Planck-Institut für Chemie, Fraunhofer-Institut für Mikrotechnik und Mikrosysteme, Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie, DECHEMA-Forschungsinstitut

ETOS stellt sich gesellschaftlichen Herausforderungen der Hightech-Strategie 2025 im Bereich „Nachhaltigkeit, Energie und Klima“. Die Elektrifizierung technischer organischer Synthesen verbessert die Nachhaltigkeit in der chemischen Industrie. Sie ermöglicht den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen und von Restströmen/Abfallmaterialien als Ausgangsmaterialien und trägt somit signifikant zur Defossilierung, Kreislaufwirtschaft und CO2-Neutralität bei. Das Netzwerk erbringt folglich einen wertvollen Beitrag bei der Erreichung der Klimaziele aufgrund der stark verbesserten CO2-Bilanz.

Im Hinblick auf die Energiewende werden die aus regenerativen Quellen zur Verfügung stehenden Strommengen nicht immer zeitlich und räumlich mit dem Bedarf im gesamten Spannungsnetz übereinstimmen. Die Entwicklung von elektroorganischen Prozessen mit einem dynamischen und flexiblen Stromeinsatz ist nicht nur in Bezug auf die Netzstabilität sinnvoll, sondern führt ökonomisch und ökologisch zur Wertsicherung. Sie mündet in eine umweltfreundliche technisch implementierbare Alternative zur optimalen Auslastung der Stromnutzung. Diese energetische Flexibilität wird zu neuen Paradigmen für technische Elektrosynthesen führen, da bislang alle Anlagen und Prozesse auf eine maximale Dauerauslastung konzipiert wurden.

Zudem adressiert ETOS gesellschaftliche Herausforderungen im Bereich „Wirtschaft und Arbeit 4.0“. Elektrosynthesen können KI-basiert über die Stromzufuhr gesteuert werden. Mittels Design-of-Experiment und Machine Learning können somit zügig optimale Reaktions- und Prozessbedingungen gefunden werden.

Aktuell bewilligte Umsetzungsphasenprojekte und darin geförderte Partner (in alphabetischer Reihenfolge):